Unterhaltsame Geschichtsstunde mit Heinrich Eichhorn

Der erste Vorsitzende des Dorf- und Kulturvereins Dieter Lehmer konnte beim historischen Dorfrundgangs anlässlich der Häzemer Kerb annähernd 100 Teilnehmer begrüßen. Man erkennt, dass das Interesse an der Dorfgeschichte sehr groß ist.
Gut darauf vorbereitet startete Heinrich Eichhorn – passend zur Kerb/Kirchweih – mit der Geschichte der beiden Habitzheimer Kirchen. „Bereits in einem Dokument aus dem Jahr 1307 wird eine Kapelle erwähnt“, so Heinrich Eichhorn. „Über das Aussehen und das Baumaterial ist leider keine Angabe vorhanden.“ Dass diese Kapelle 1348 dem Haus Bickenbach gehörte, findet sich in einem anderen Eintrag, der sich heute im Bronnbacher Archiv befindet. Als weiteres wichtiges Datum für die Habitzheimer Kirchengeschichte gilt der 19. September 1412. Hier erfährt man im Archiv dazu, dass die Kapelle dem Schenk zu Erbach gehört und dem Heiligen Cyriakus geweiht ist. Es liegen für die folgenden Jahre einige Angaben zu Schenkungen, Verkäufen, Testamenten und Kircheninventar vor. So wird beispielsweise ein Besitzwechsel im Jahr 1528 angezeigt: Schenk Valentin von Erbach verkaufte seine Hälfte für 9000 fl. an den Grafen Friedrich von Löwenstein. Die Grafen von Löwenstein wurden so Alleineigentümer von Burg und Lehen in Habitzheim.
„1542 wird die Reformation in Habitzheim eingeführt“, so Heinrich Eichhorn weiter. „Und 1622 überfiel Landgraf Ludwig V. von Hessen-Darmstadt das Amt Umstadt und Otzberg, damit auch Habitzheim, und zog diese unter seine Herrschaft. 1632 gab es eine Beschwerde beim Kurfürsten, da in Habitzheim während des Krieges Tanz abgehalten wurde. Ob es sich hierbei um den Kerbtanz handelte, steht nicht dabei“, so Heinrich Eichhorn schmunzelnd.
1636 war die Kirche nach dem Durchzug der Schweden stark beschädigt. 1648 – nach dem Westfäischen Frieden – wurde der katholische Gottesdienst in der Schlosskapelle abgehalten, meist von Kapuzinerpatres aus Dieburg. Am 22. Juni 1728 wurde der Grundstein für eine neue Kirche gelegt, bereits 1729 erste Gottesdienste in ihrem Rohbau abgehalten, und am 17. September 1741 wurde sie als neue Evangelisch-Lutherische Kirche eingeweiht. „Damals vermutlich mit einem Zwiebelturm, wie auf einem alten Gemälde zu sehen ist“, ergänzte Heinrich Eichhorn die Geschichte.
Dass in Habitzheim schon früh Krichweih gefeiert wurde, zeigt ein Eintrag aus dem Jahr 1780. Er beschreibt, dass ein Ortspolizist Streit zwischen Kerbbesuchern schlichten musste. Am 7. August 1783 schlug ein Blitz in den Kirchturm ein und richtete große Schäden an. Es kam zur Errichtung eines neuen Dachs. 1858 wurde im Burggraben eine katholische Kirche gebaut. Die Einrichtung würde aus der Schlosskapelle übernommen. „Weiteres dazu biete ich gerne in einem Erzählabend an“, lud der Ortsgeschichtler ein.
Die Gruppe verließ damit das Kirchenensemble und ging weiter die Langgasse entlang. Der erste Stopp war an der Hasselbachbrücke. Der Hasselbach ist zwar aktuell ohne Wasser, hat aber dafür endlich wieder seinen amtlichen Namen Hasselbach. Das Wasser kommt bestimmt auch wieder.
„Früher war hier ein Wasserrad, dass die Maschinen einer Schreinerei antrieb. Daher vermutlich auch der Hausname „Beschschreuner“, so der Vortrag weiter. Früher war hier auch die Post untergebracht, heute befindet sich eine Bäckerei dort. Gegenüber führte früher ein Fußweg zum jüdischen Gebetshaus, heute das Gelände der Familie Büchler, ehemals Gaststätte „Zum goldenen Engel“. Direkt in Nachbarschaft gab es noch bis 2014 das Gasthaus „Zur Brücke“, von den Häzemern meist liebevoll „Bedda“ genannt. Bedda war die damalige Hausherrin Elisabetha Pfuhl geb. Gumpinger aus Groß-Umstadt und Ehefrau des Peter Anton Pfuhl, genannt „Beschpejrer“, der außer Wirt noch Lebensmittelhändler, Landwirt und Maurer war.
So zog Heinrich Eichhorn mit seinem Gefolge die gesamte Langgasse entlang und präsentierte dabei die alten Hausnamen und die Berufe, die früher in den einzelnen Anwesen ausgeübt wurden. Er erläuterte die Hausnamen „Stumbe“, „Fohneschmied“, „Kawwer“, „Dörrebecker“, „Hennersrappe“, „Jäisch“, „Schuchmanns“, „Bäckerhennriche“, „Pejreantons“, „Hansfelder“ und viele mehr. „Viele Häuser hatten damals noch breite Eingangstreppen, an manchen war ein Brunnen davor“, informierte Heinrich Eichhorn weiter. An Berufen fanden sich in der Langgasse unter anderen die folgenden: Bierbrauer, Schmiede, Wagner, Brenner, Landwirte, Spengler, Bader, Korbmacher und Schultheiße. So gab es beispielsweise Textilgeschäfte, Lebensmittelgeschäfte, Metzgereien, und Bäckereien, die damals die Langgasse belebten.
Die Gruppe legte noch zwei längere Stopps an der Schule und am Friedhof ein. Die Schule wurde 1577 als Adelshaus der Gans von Otzberg erbaut und diente später als fürstliches Rentamt. 1888 wurde sie nach Umbau zur evangelischen Schule und in den 60er-Jahren war die Bürgermeisterei von Habitzheim dort untergebracht. Heute stellt das Anwesen die Hasselbachschule dar.
Am Friedhof mit seinem Torbogen, auf dem die Jahreszahl 1603 steht, zeigte Heinrich Eichhorn den Teilnehmern die alten Grabsteine aus dem 17. und 18. Jahrhundert, die im alten Geräteschuppen untergebracht sind. „Beim ältesten Grabstein aus dem Jahr 1611 handelt es sich um den der Catharina Buchmann, der Ehefrau des Valentin Buchmann. Dieser war damals Keller von Habitzheim“, berichtete der Ortskundler.
Nach seinen Ausführungen stand Heinrich Eichhorn noch für einige Fragen zur Verfügung, bevor die Gruppe wieder Richtung Festplatz zog, um die Kerb dort weiter zu feiern.